Myanmar – gelbe Schminke, rote Zähne, blauer Fuß

Die Damen tragen ihre Longyis figurbetont in allerlei schönen Designs und Farben. Anders als bei den Männern wird der Rock gewickelt und an der Seite eingeschlagen.

Wir betrachten das Ganze eingehender. Die einen tragen runde gelbe Apfelbäckchen, die anderen Vierecke auf den Wangen oder einen Punkt auf der Nase. Einige wenige haben sich Ornamente, Spiralen oder Streifen so kunstvoll ins Gesicht gemalt, als wären sie mit Hilfe von Schablonen aufgetragen worden. Selbst die Kinder, die zwischen den Beinen der Großen umherhuschen, haben gelbe Gesichter.

Ja und dann? Dann kaut man den ganzen Tag darauf herum. Ähnlich wie beim Tabak wird man süchtig. Aber die Betelnuss kann noch viel mehr. Sie macht wach und soll leicht euphorisierend wirken. Klingt nicht übel. Aber leider regt sie den Speichelfluss derart an, dass jedes Lama neidisch wäre. Nicht mal die Chinesen, Meister in der Disziplin des Rotzens, können da mithalten. Im Minutentakt spucken die Burmesen einen Schwall dickflüssigen Speichels auf den Boden, aus den Fenstern, aus dem Bus – und natürlich aus den unappetitlichen Mündern.

Chrissie verfällt in einen wahren Fotografierrausch, ich sehe das etwas emotionsloser. Wie bei den Katholischen und den Muslimen, denke ich: Je ärmer das Volk, desto prächtiger die Kirchen.
Wir brechen ab, wobei ich Chrissie versprechen muss, dass sie später zu einer ausgedehnten Besichtigung im Dunkeln zurückkommen kann. (Wie man an den Fotos erkennen kann, konnte ich dieses Versprechen einhalten ;-)) Feinfühlig bietet sie mir an, das allein zu tun. Guter Vorschlag, denke ich.

Der Fußrist ist geschwollen. Sie wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und flucht. „Mann, so eine Kacke. Ich kann nicht auftreten.“



Und dort gibt es nebeneinander mehr als ein Dutzend Türen. Sprechstunde im Krankenhaus? Am frühen Abend?
Rechts und links zwei hohe Hallen, in der Mitte ein flacheres Verbindungsstück. Alle Hinweisschilder aber tragen nur die Schnörkelschrift des alten Burmas.
Wir steigen ein, sichern uns einen Platz neben Zaw Zaw.



An der zweiten Station setzt sich ein alter Mann zu uns. Abgetragene Kleider, kaum noch Zähne, aber gutes Englisch. Nach den üblichen Fragen (Woher kommt ihr? Wie lange seid ihr schon hier? Gefällt es euch?) erzählt er, dass er schon 80 sei und gerade aus der Schule komme, wo er Englisch unterrichte. „Mit 80?“, fragt Reinhard entsetzt. „Gibt es keine Rente?“


Unglaublich, dass es im Jahr 2019 noch Orte wie diesen gibt. Dieser Markt könnte Schauplatz eines skurrilen Märchens sein. Für die Menschen, die hier ihre Waren feilbieten, ist es nichts Besonderes.

Nacheinander treten sie vor und müssen sich zuerst mit dem Rücken zur Wand vor dem Ausgabeschalter aufstellen. Die Beamtin hinter der Barriere macht ein Foto, dann muss man vortreten und seine Fingerabdrücke abgeben: Erst die Handflächen mit den Fingern 2-5, dann kommen die Daumen dran. Die Frauen in den weißen Trachten haben bei dieser Prozedur einen Heiden-, nein, Nonnenspaß – der Klosteralltag muss stinklangweilig sein. Und diese acht werden bald sogar nach Indien reisen. Wir hören ihr freudiges Lachen noch. Als sie schon auf der Straße sind. Und wir freuen uns schon darauf, am Abend mit dem Nachtbus zu einem einsamen Resort an die Westküste zu fahren, um dort fünf faule Tag an Strand und Pool und mit gutem Essen verbringen zu können.












12 thoughts on “Myanmar – gelbe Schminke, rote Zähne, blauer Fuß”
Ein „Hallo“ in die Ferne!
Von Anfang an lese ich euch und finde klasse, was ihr euch vorgenommen habt 🙂
Es berührt, fesselt, macht schmunzeln und ist für mich eine lieb gewordene Begleitung geworden: nachzuschauen, wo ihr seid und wie es euch geht.
Weiterhin gute Nerven, schöne und spannende Begegnungen und viel Liebe für- & miteinander.
Viele Grüße
Bina
Liebe Bina, Danke für dein Lob und die guten Wünsche. Schön, dich „an Bord“ zu haben. 😊
Vielen, vielen Dank für die Grüße! Wir sind weiter wohlauf und unterwegs. Überraschungen gibt es immer wieder. So mussten wir heute Unsere Rucksäcke im esten Morgengrauen bepacken, weil das Hotel Stromausfall hatte. Inzwischen haben wir am Tagesziel (Ortsangaben später) ausgepackt und vermissen nichts. Bleibt munter!
🙂 Aber so was von an Bord! 🙂
Das tolle ist, in diesem Falle steuert ihr das Schiff und ich darf einfach Passagierin sein.
Eine völlig neue Erfahrung, die ich sehr geniesse!
Habt es gut und SCHREIBT – Kicher.
„Wie sehen die denn aus?“ (Reinh. Eing.-Frage)
Na, wie ich, nachdem ich den Rasierschaum unsystematisch über mein Gesicht verteilt , -und im nächsten Moment feststelle, das ich die Wilkinson vergessen habe.
In Myanmar haben die Klingen, aber leider nicht Reinhards Eigenschaften: „älter, härter, besser.“ Das Ergebnis kennen wir ja nun?!
Unter uns traditionsbewussten Nassrasierern: shit happens! Hast du es mal mit einem echten Rasiermesser versucht? Habe als Kind bei meinem Opa Willy immer staunend daneben gestanden und mich über die Grimassen gefreut, mit deren Hilfe er die Haut an Kinn und Wangen gestrafft hat …
Da sind wir aber froh, dass eure Reise in Myanmar in vielen Punkten doch wieder so gut abgelaufen ist. Ist es nicht toll, dass im richtigen Moment oft die richtigen Menschen vorbeikommen! Euch kann nach eurer Reise wahrscheinlich nichts mehr schocken. Ja, ihr habt recht, was haben wir für ein Glück, in diesem Teil der Welt leben zu dürfen.
Irgendetwas Gutes muss es ja haben älter zu werden: Bären-Ticket, Ermäßigung an einigen Orten und dann die vereinfachten Visa Formalitäten, ist doch super!!!
Euch weiterhin viele Abenteuer und viele nette Menschen.
Willkommen in Yangon mit allem, was dazugehört!
Das war mal wieder spannend und zugleich interessant, mit welchen einheimischen Bräuchen Ihr konfrontiert worden seid!
So ganz können wir uns mit der Gesichtsbemalung, dem Kauen der Betelnuss und deren Folgen nicht anfreunden. Beim Lesen durchzog uns eine leichte Gänsehaut!
Geschockt waren wir über Dein schmerzhaftes Missgeschick, liebe Christiane! Umso erleichterter sind wir, dass Du Glück hattest, der Fuß war nicht gebrochen! Reinhard, ein freundlicher Burmese und die Ärzte haben Dich gut versorgt!
Eurer weiteren Entdeckungsreise, wenn auch etwas „fußeingeschränkt“,
steht nichts mehr im Wege!
Der Markt entlang der Eisenbahnlinie mit dem Circular Train ist ja wirklich der Hammer! Das ist für uns unvorstellbar, was sich dort abspielt!
Wie dankbar müssen wir alle sein, dass es solche Verhältnisse nicht in unserer Heimat gibt!
Nun wünschen wir Euch für Euren weiteren Aufenthalt in Myanmar viele unvergessliche Highlights!
Wir freuen uns, dass der nächste Reiseabschnitt bereits gesichert ist!
Lieber Reinhard, da sind wir ganz bei Dir, die Eigenschaften „älter, härter, besser“ treffen zu 100 % für unsere Generation zu!
Macht es gut, Ihr beiden, viele Grüße von uns!
Ja, manchmal wundert es uns selbst, wie gut wir aus diesem oder jenem Haufen Kot wieder herauskommen! Aber Chrissies blaue Augen lassen so manches Eis schmelzen! – Wir hoffen, dass ihr euch an Martin Calsows Hausteich gut erholt habt!
Damit ist die Frage geklärt. Als Zahnarzt kommst Du in Myanmar nicht zu Deinem Porsche. ..Nur gut, dass es Deinen Fuss wohl nicht zu arg getroffen hat. Bleibt fit und weiterhin viel Spass. Apropos. Angela ist immer noch Kanzlerin aber derweil urlaubt sie. Wie ihr.
Wieder mal tolle Impressionen…
Ich bin schwer beeindruckt!
So viel erlebt und dazugelernt.
Vielen Dank,
dem können wir nicht widersprechen! 😉