Skip to content
(Mit) Rucksack und Rentner um die Welt
  • Wir über uns
  • Impressum / Datenschutz
  • Cookie-Richtlinie (EU)
  • Search Icon

(Mit) Rucksack und Rentner um die Welt

28 JAHRE TRENNEN UNS – VERRÜCKTE IDEEN EINEN UNS

Touriehölle
Go West!

Go West!

28. September 2019 Reinhard Junge Comments 4 comments
Print 🖨 PDF 📄 eBook 📱
  • teilen 
  • twittern 
  • teilen 
  • teilen 
Together – We will go our way
Together – We will leave someday
Together – your hand in my hand
Together –  we will make the plans.
(Songtext 1979 by Village People)
Ramsar ist eine schöne Stadt. In der Nähe des Schlosses, das der vorletzte Shah als Sommerresidenz bauen ließ, sieht alles picobello aus.
Kaiserpalast in Ramsar
Ramsar von oben
Ausblick vom Königspalast

Eine gepflegte Parklandschaft mit einigen kleinen Museen. Vom Palast aus, der heute ein hochpreisiges Hotel birgt, führt eine schnurgerade Allee fast zwei Kilometer zum Meer hinab.

Allee zum Kaiserpalast in RamsarAber es gibt auch Widersprüchliches. Ganz unten steht z.B. ein pompöses Gebäude, in dem zu Zeiten Reza Pahlevis ein Spielcasino und eine beliebte Diskothek untergebracht waren. Dann übernahmen die Mullahs die Macht und das Haus dient heute religiösen Zwecken. Wie islamisch die Stadt seitdem geworden ist, zeigen die stundenlangen Houssein-Prozessionen, deren Pauken uns zwei Nächte lang in den Schlaf begleiten.
Dennoch ist Ramsar bei Touristen vor allem aus islamischen Ländern beliebt. „Viele Läden, Restaurants und  Bars sind 24 Stunden geöffnet“, erzählt unser Freund. „Und oftmals wird unter der Theke auch echter Alkohol angeboten. Die örtlichen Behörden wollen davon vielleicht gar nichts wissen. Der Tourismus bringt eine Menge Geld in die Stadt.“
Aber auch Müll. Am Strand gibt Schnellrestaurants, Minimärkte, jede Menge Picknickplätze – aber Müllcontainer sucht man meist vergebens. Der Sand ist oft fast schwarz – vielleicht die Reste von Ölteppichen, die von Baku aus herübergeschwemmt wurden. Dort standen viele Pumpen schon zu Zeiten der Sowjetunion mitten im Meer und Umweltschutz war noch ein Fremdwort.
Ramsar Strand
Einer der netteren Strandabschnitte
Wir erleben in Ramsar drei angenehme Tage in dem Ferienhaus, das wir auch noch nutzen dürfen, nachdem Ahmads Bruder wieder nach Teheran zurückgekehrt ist.
Ferienhausa
Wir frühstücken z.B. auf dem Dach der Gartenlaube.  Herrlicher Ausblick auf das plätschernde Flüsschen, das Akbars Grundstück von dem gegenüberliegenden Bauland trennt.
Auf dem GartenlaubendachUns geht es wirklich gut. Bei einem Spaziergang bei angenehmen Temperaturen finden wir Ruhe, Früchte der Natur und führen erstaunliche Gespräche.
Handschriftliche Notiz
Zwischendurch fragt Ahmad nach einem Kugelschreiber. Ich krame meinen Stift aus der Tasche und unser Freund beginnt zu kritzeln. Auf dem Unterarm und in der Handfläche. Was schreibt er?
„Nur ein Gedanke“, antwortet Ahmad. Als er unsere fragenden Gesichter sieht, liest er vor: „Warum achte ich beim Gehen auf die Ameisen am Boden?“
Chrissie fragt: „Die Antwort kennst du aber schon, oder?“
“Ja, das ist nur eine Notiz für mein Buch.“
“Darf ich das was fragen?“
“Ja.“
“Wenn du auf die kleinen Lebewesen acht gibst. Warum dann nicht auf die Großen?“
“Aber das tu ich doch.“
“Wirklich? Aber du isst doch Fleisch? Ich würde das gern verstehen, denn ich glaube, dass wir eigentlich gleich denken.“
Armer Ahmad. Diese Diskussion wirst du verlieren, denke ich und klinke mich gedanklich aus. Einfach mal nur gehen und gucken. Toll.
Überhaupt, mit Ahmad an seiner Seite fühle ich mich nicht gestresst. Seine Ruhe ist ansteckend und eine angenehme Trägheit macht sich sogar bei Chrissie breit. Am zweiten Tag raffen wir uns dennoch zu einer größeren Unternehmung auf.
Chrissie
Unser Freund fährt uns zu allen einige Plätzen, die er einst mit seiner Frau besucht hat. Dazu gehört auch eine Tour ins nahe Gebirge. Javaherdeh heißt das Ziel. Auch Amon hatte per WhatsApp geschwärmt, dass dies ein Ziel sei, das man besucht haben muss. Doch je weiter wir aufwärts fahren, desto kälter wird es. Nieselregen setzt ein, der sich schnell in Fäden verwandelt.
Die letzten Kilometer geht es über steinige Holperstrecken, die von Plastikmüll gesäumt sind. Eine Spur aufwärts, eine abwärts. Bescheuerte Autofahrer auf dem Weg nach unten versuchen trotzdem, bei Lücken im Gegenverkehr zu überholen – was den Stau verlängert, weil man sie nur ungern wieder zurück in die Spur lässt, die sie soeben verlassen haben. Vernunft steht bei vielen Autofahrern nicht an erster Stelle.
Kein Geheimtipp
Schon unterwegs stellen wir fest, dass diese Gegend kein wirklicher Geheimtipp ist.
Norden - Wasserfall
Zu kalt, zu voll … 

Touriehölle

„Araber!“, bemerkt Ahmad, als wir mitten in dem Chaos endlich eine Parklücke finden. Aber sein Schmunzeln verrät, dass es sich dabei möglicherweise um eine Schutzbehauptung der Einwohner handelt.

Der schlammige Fußweg soll zu einem kleinen Wasserfall führen. Uns gruselt es, als wir die Szenerie auf uns wirken lassen. Trotz des bescheidenen Wetters haben etliche Touristen und Einheimische beschlossen, hier zu parken und zu picknicken.
Touristen im RegenFrauen und Männer drängeln in dicke Decken gehüllt mit Thermoskannen und Obsttüten bewaffnet den steinigen Weg nach oben. Buden mit selbstgestrickten Schultertüchern und Puppen säumen den Weg.
Schultertücher
PuppenverkaufKaum sind wir ausgestiegen, klappern unsere Zähne so laut wie Kastagnetten. Eine Chipstüte weht an uns vorbei in die Botanik, hinter uns hupt ein Auto, unsere Gesichter sind jetzt schon regenfeucht. Ahmad bemerkt nichts.  Er ist wie ein Flummi und uns schon drei Sprünge voraus, energiegeladen und mit der besten Absicht, uns einen tollen Tag zu bereiten. Ich spreche es als erste aus. „Aaaaaahmad ….“
Er dreht sich um. Ich schlinge meine Arme um mich selbst und reibe mir die Schultern. „Es ist so schrecklich kalt. Würde es dir sehr viel ausmachen, wenn …?“
Reinhard
Eine Stunde Fahrt für nix. Aber Ahmad zeigt Verständnis. Insgeheim frage ich mich, wieviele Stunden Meditation ich bräuchte, um diese Gelassenheit zu erlangen. Obwohl … vielleicht ist er sogar selbst froh, dass wir umdrehen. Aber das trauen wir uns nicht zu fragen.
Kaum sind wir wieder „zu Hause“ im Warmen, ist unser Freund wieder in seinem Element. Er will kochen.  Mir empfiehlt er – was sonst? „Reinhard, take a shower, take a rest!“
Aufbruch
Der Abschied von Ramsar ist bereits der erste Kurswechsel in Richtung Heimat. „Go West“ heißt die Parole für die nächsten Tage. Sie beginnen mit einer Autofahrt von mehr als vier Stunden zu Hamed und seinen Eltern in ihrem Dorf bei Fuman. Im April hatten wir bereits eine großartige Zeit dort verbracht. Link. Wir sind neugierig, was es Neues gibt.
Ahmad jagt sein alte iranische Kiste über die Autobahn. Ab und zu horcht er zur Kontrolle in Richtung Motorraum. Die Karre hat 12 Jahre auf dem Buckel und hätte es verdient, endlich im Autohimmel zu landen. Aber sie hat ursprünglich seiner Frau gehört. „Ich müsste den Wagen erst auf mich ummelden, um ihn zu verkaufen.“ Dass der wahre Grund für den Nichtverkauf möglicherweise woanders liegt, erfahren wir nur einen Satz später, als er sich lächelnd erinnert. „Ich weiß noch, wie sie sich gefreut hat. Dass ihr Name in den Papieren stand … das war eine Riesenüberraschung.“
Zum Glück überrascht uns auch der Wagen. Weder vorne noch hinten verdächtige Geräusche. Vorerst. Und so geht es im Höchsttempo weiter.
Kind mit Pferd
Pausen gab es trotzdem. Zauberhafte Impressionen von unterwegs …

„Bist du nicht müde?“, frage ich. Immerhin hat er in der letzten Nacht noch lange vor seinem Notebook gesessen und an seinem Roman geschrieben. Chrissie hatte schon mehrfach angeboten, ihn für ein Stündchen abzulösen. Doch Ahmad ist zäh. „Kein Problem! Ich fahre gerne Auto!“ Und ich ergänze in Gedanken: Take a rest.
Warum nicht? Ich mache die Augen zu und wache erst zwanzig Minuten vor dem Ziel auf, als wir einen Pitstopp einlegen. Wenn man in Fuman ist, muss man die köstlichen Koloocheh Cookies kaufen. Chrissie übertreibt wie immer. „10 Stück?“, frage ich. „Bist du sicher, dass du damit auskommst?.“

Cookies
Koloocheh Cookies. Jeder Iraner kennt und liebt sie.

Bester Cookie der Welt

Ganz sicher ist sie sich nicht. Und tatsächlich …  als wir auf den Hof der Familie einfahren, sind wir überrascht. Der ist nämlich deutlich belebter als bei unserem ersten Besuch.
Die Hauptursache dafür ist der tote Held Houssein. Um ihn zu ehren, verteilen die frommen Muslime in diesen Wochen Speisen an bedürftige Angehörige und Nachbarn. In der engen Küche drängen sich Hameds Mutter, seine Schwester, zwei weitere Frauen, ein Schwager und eine Couchsurferin aus Australien. Jeder freie Platz im Wohnraum ist belegt von Styroporboxen, in denen fleischige Mahlzeiten auf Verteilung warten.
In diesem Trubel werden wir herzlich begrüßt. Hamed ist noch nicht zu Hause, aber Shah Khanom freut sich für zwei. Mit gekrümmten Rücken eilt sie aus dem Haus, drückt und herzt Chrissie wie eine verlorene Tochter. Und Vater Mehdi? „Der ist hinten im Feld“, übersetzt Ahmad. Kaum ausgesprochen, ist Chrissie schon hinterm Haus verschwunden, um ihn zu suchen.
Mehdi und Chrissie
Gesucht und gefunden. Der sympathischste Bauer des Nordens! ❤️
Mehdi und Reinhard
Reinhard kommt später dazu. Kommunikation bedarf keiner Sprachkenntnisse.

Ahmad und ich bewundern derweil die wichtigste Neuerung: Hamed hat vor einiger Zeit begonnen, einen Anbau als Gästezimmer zu errichten. Daneben lagert ein Haufen weiterer Hohlblocksteine, aber dafür ist vorerst keine Zeit. Denn sein Projekt, Fremde für den Norden zu interessieren, ist angelaufen: In Fuman hat er eine Gruppe von Touristen untergebracht, denen er die Schönheiten der Umgebung zeigen will. Chrissie und er standen in den letzten vier Monaten immer wieder in Korrespondenz und haben seine Webseite inhaltlich optimiert. Und es hat sich gelohnt. www.Iranorth.com ist übersichtlicher und schöner geworden, es kommen erste Touristen und buchen Kochworkshops und Hiking-Touren. Und die größte Überraschung sehen wir, als Hamed endlich ankommt. Ein wunderschöner weißer Peugeot. Der junge Mann glaubt an seine Sache und ist das finanzielle Risiko eingegangen. Für sich, seine Familie, seine Freunde und sein Dorf.

Hamed mit Auto
Stolz … zu Recht!
Auch hier ist die Wiedersehensfreude groß. Nur Ahmad hat ein kleines, nicht unwesentliches Problem.  Er müsste eigentlich mal dringend aufs Klo. Aber der Weg dahin führt durch die Küche. Angesichts der vielen dort herumwirbelnden Frauen scheut er jedoch davor zurück, sich den Weg dorthin zu bahnen.
„Warum nicht?“, frage ich. „Ist doch kein Problem“, sagt Hamed.
Ahmad verzieht wortlos das Gesicht. Ich hake nach: „Magst du es nicht, wenn alle wissen, wohin du gehst?“
Sein schmerzliches Grinsen verrät die Antwort.
“Wie knuffig ist das denn?“, fragt Chrissie. Und ich sage: „In deiner Wohnung sieht doch auch jeder, dass man aufs WC geht – und warum.“
Er seufzt und ich verstehe, wie es ihm geht. Fremde Toiletten sind Neuland und man weiß oft nicht, was einen da erwartet. Lieber noch etwas warten – auch wenn’s schmerzt …
Ahmad scheint das genauso zu sehen. So inspiziert er zunächst die brachliegende Baustelle und schlägt den Anbau eines neuen Klos vor: „Guck mal, die nötigen Anschlüsse sind alle hier draußen. Wäre kein Problem für mich. Schade, dass ich immer in Teheran bin …“
Auch sonst gibt es Neues. Hameds Eltern haben nicht nur einen neuen Bullen, sondern auch ein zwei Wochen altes Kälbchen. Hier finden wir Chrissie wieder, die verzückt die Babykuh filmt. Es schaut wirklich herzig aus, die das Kleine über die Wiese rennt, um dann wieder eine Milchmahlzeit bei der wachsamen Mama einnimmt.
Süßes Kalb trinkt Milch
Niemand wird bei den Mahlzeiten gern beobachtet. Misstrauisches Kalb äugt auf Konkurrenz …

Wir schauen gebannt zu. So sieht echte Biowirtschaft aus. Mutter und Kalb werden erst nach einem halben Jahr getrennt. Solange gehört die Milch hauptsächlich dem Kleinen. Selbst ich muss zugeben. Das sind schöne Bilder.
Ahmads Mutter kommt mit einem Eimerchen. „Man muss immer erst das Kalb trinken lassen, sonst wird die Mutter aggressiv.“ Dann melkt sie einen halben Liter für den eigenen Bedarf ab. „Mehr nehmen wir nicht“, sagt sie. „Das Kalb braucht die Milch nötiger.“

Und dann darf Chrissie es versuchen. Erst zaudert sie. Liegt es an den glitschigen eingespeichelten Euterzitzen oder an ihren Überzeugungen? Aber die Neugier siegt. Anfangs passiert nichts. Shah Khanom lacht. „Zu zaghaft. So!“ Sie demonstriert die Technik, dann soll Chrissie wieder ran.  Diesmal klappt es. Und ich staune erneut: Diese Frau kann wirklich alles.
Am Abend sind die Fremden weg – auch Lucy, die Australierin, ist auf dem Weg nach Teheran. Beim gemeinsamen Abendbrot sitzen wir auf der Terrasse zusammen.
Chrissie
Es ist so amüsant wie vor einem halben Jahr. Nur Reinhard hat es noch immer nicht gelernt, im Schneidersitz auf dem Teppich Platz zu nehmen. Wird mit seinen alten Knochen wohl auch nichts mehr. 😉 Hameds Mutter erhält ihr Mitbringsel. Nein, keine kitschigen  Keramikschalen, auch keine Musikbox. Ganz profan, aber dringend benötigt. Es sind Schmerztabletten. Solche von der starken Sorte. Ich habe sie bereits in Thailand gekauft. Beim letzten Besuch im Iran hatten wir erfahren, dass es wegen der US-Restriktionen keine guten Medikamente gibt. Und Shah Khanoms Rückenschmerzen bringen sie manchmal fast um.
Sie ist gerührt, dass wir an sie gedacht haben. Aber weil wir im Iran sind und gute Menschen sind, wie sie sind, ist ihre erste Frage: „Darf ich die mit ein paar Verwandten teilen?“
Enten füttern, abwaschen, ein Spaziergang über die Felder. Ein ganz normaler Tag im Dorf. Reinhard und ich kommen gut runter.
Natur in Fuman
Aussicht hinterm Hof der Familie. Kleines Reisfeld und Natur pur!
Kanal
Es gibt sie noch … die ländlichen Orte ohne Plastikmüll ❤️

Reinhard

Hamed ist nochmal losgefahren, um die Speiseboxen an Bedürftige zu verteilen. Nur Ahmad ist aufgelöst. Als wir gerade losgehen, klingelt sein Telefon. Es ist eine Verwandte. Wir hören sie auch ohne Lautsprecher weinen. „Ihr Ehemann hat sie geschlagen“, erklärt uns der Freund und seine Faust ballt sich. „Sie hatte ihn schon rausgeworfen. Es ist ihr Haus. Aber dann kam er mit seinem Vater. Angeblich, weil sie reden wollten. Doch kaum war die Tür auf ….

Wir sind entsetzt. „Wie schlimm ist es denn?“

„Sie ist jetzt bei der Polizei. Sie hat Anzeige erstattet und ihre blauen Flecken dokumentieren lassen.“

„Hoffentlich reicht sie direkt die Scheidung ein“, platzt es aus Chrissie raus.
„Ist das so einfach möglich?“, frage ich vorsichtig nach. Von dem, was ich weiß, ist eine Trennung im Iran nicht so ohne weiteres möglich.“
Aber Ahmad winkt ab. „In solchen Fällen ist das Recht immer auf Seiten der Frau. Ein Mann, der seine Frau schlägt, ist bei uns das Letzte.“
Spaziergang
Die beiden sind sich einig.
Wir drehen um. Ahmad führt noch einige Telefonate. „Sowas wird nicht wieder vorkommen“, sagt er, als wir in die Einfahrt biegen.
„Wie jetzt?“, fragt Chrissie. „Hast du einen Schlägertrupp losgeschickt?“
Da hat sie wohl ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen. Aber sie müsste Ahmad gut genug kennen, um zu wissen, dass er Probleme anders löst.
„Nein, natürlich nicht. Aber ich kenne jemanden bei der Polizei. In einer hohen Position. Dieser Vorfall wird ein Nachspiel haben.“
Gemeinsam mit Hamed kommen wir an. Mehdi hat es sich schon mit einem Tee vor seinem Lieblingsplatz am Ofen bequem gemacht. Shah Khanom werkelt noch in der Küche. „Meine Mutter kann nicht stillstehen“, sagt Hamed. „Sie muss immer irgendwas mit ihren Händen machen.“ Das trifft auch auf Ahmad zu. Der ist gerade dabei, ein paar der lose herumliegenden Steine fachgerecht zu stapeln.
Ahmed mauert Zum Abschluss dekoriert er die Mauer mit Blumentöpfen. Dann nickt er zufrieden.
Trotzdem allem gelingt es uns noch, ein halbes Stündchen mit der Familie zusammenzusitzen. Tee und Unterhaltung. Am schönsten für uns ist es, dass es hier aufwärts geht. Dass harte Arbeit zu etwas Gutem führt … eine gute Moral von der Geschicht, die man leider nicht immer in der Realität wiederfindet.
Ahmad und Hamed tauschen Kontakte aus. Wie wir unseren Freund kennen, hat er Hilfe angeboten. Alle wirken zufrieden.
Das letzte Thema des Tages ist die Schlafordnung. Hamed schläft mit seinen Eltern wie gehabt in dem Essraum neben der Küche auf dem Teppich. Ahmad soll mit Chrissie und mir in Hameds Arbeitszimmer übernachten, das immer als Gästezimmer dient.
Fuman - Zimmer für zwei statt für drei Es ist Platz genug für alle. Doch dann packt Ahmad seine Decken und zieht um – auf die Terrasse. Wir sind erschrocken. „Warum? Es ist viel zu kalt!“
„Alles gut“, beruhigt er uns, aber wir sind nicht überzeugt. Vermutlich will er uns einfach nicht stören. Als ob das möglich wäre an diesem Abend. Wir diskutieren. Vergeblich. Allen Einwänden zum Trotz, spannt der sturköpfige Iraner zehn Minuten später ein Moskitonetz über seine Matratze.
Ahmad im Moskitonetz
Unverbesserlicher Kavalier
Stunden später muss ich noch mal raus, an der schlafenden Familie im Wohnzimmer vorbei in das Betonklo. Ahmad sitzt auf seinem Lager und verrät dem Notebook seine Gedanken und Gefühle.
Als ich zurückkomme, grinst er mich wissend an.“
„Ich sag‘s doch, die brauchen wirklich ein zweites WC!“
Die Zeit ist mal wieder zu knapp, um länger zu verweilen. Die Hochzeit rückt näher, unser Iran-Visum läuft in einigen Tagen aus. Ein letztes gemeinsames Frühstück am nächsten Morgen. Dann ist es schon wieder Zeit für den nächsten Abschied.
Frühstück in Fuman
Diesmal ist es ein merkwürdiger Abschied. Anders als beim letzten Mal wissen wir nun, dass wir uns mit großer Wahrscheinlichkeit nie wiedersehen werden.
Alle zusammen - Abschiedsfoto
Lebt wohl!
Hamed, Shah Khanom & Mehdi: Wir wünschen euch alle Gute! Bleibt so herzlich, bleibt so menschlich und vor allem … bleibt gesund!

Couchsurfing, Freundschaften, Gesundheit, Iran, Tiere
Ahmad, Araber, Cookie, Dorf, Freundschaf, Friendship, Fuman, Gastfreundschaft, Go West, Iran, Javaherdeh, Natur, nature, Nirden, Nkrth, Ramsar, Tabriz, village, Wiedersehen

Post navigation

PREVIOUS
Ein Brief aus dem Iran
NEXT
Die vielen Wunder von Tabriz

Hol dir alle Abenteuer bequem per Mail ins Haus.

Einfach kurz anmelden .... :-)

4 thoughts on “Go West!”

  1. Sommerfeld sagt:
    1. Oktober 2019 um 20:27 Uhr

    Hallo Ihr zwei, beim Lesen eures Berichtes wurde mir klar, dass es eine Gemeinsamkeit zwischen eurer Reise und meiner 43jährigen Dienstzeit gibt. Die vielen Abschiede! Ich habe häufig Behörden, Dienststellen und Verwendungen gewechselt und Routine darin erlangt. Aber beim Abschied von lieb gewordenen Kolleginnen und Kollegen war Routine nicht gefragt.Jeder Einzelne dieser Individuen war etwas Besonderes. Wir haben ein Stück des Weges gemeinsam bewältigt und uns bereichert. Abschied ist nie endgültig, denn es bleiben Kontaktadressen, Telefonnummern, Erinnerungen, kognitive Bilder und Bilder aus Papier.Selbst neue Erlebnisse mit neuen Bekanntschaften und Freunde können die Erinnerungen nicht verdrängen. Mit Herzlichkeit, unvergessenen Handlungen oder einem lieben Wort, haben sich „ehemalige Weggefährte unvergesslich gemacht, was nicht immer nur lustig war. Ihr nehmt auch Abschied, wieder einmal, aber wir freuen uns schon, euch bald begrüßen zu dürfen. Gute Heimreise

    Antworten
    1. Reinhard Junge sagt:
      2. Oktober 2019 um 9:27 Uhr

      Von lieb gewonnenen Menschen Abschied nehmen müssen – diese Erfahrung müssen wohl alle Menschen machen, die keine Eremiten sind. Aber was bleibt wirklich? Auf die Antwort muss man oft lange warten …

      Antworten
  2. Heidi und Bodo sagt:
    29. September 2019 um 18:43 Uhr

    „Couchsurfing im Iran“ damit hat Eure Reise durch dieses Land begonnen! Wer hätte das gedacht, welch unvergesslich schöne Erlebnisse, wunderbare Begegnungen mit sehr gastfreundlichen Menschen, ja auch Freundschaften, daraus entstanden sind!

    Es hat sich wieder einmal gelohnt, auf Euren neuesten Bericht im Blog zu warten! Wir haben ihn sofort gestern Abend regelrecht verschlungen!
    Ahmad, Euer treuer Freund, hat Euch begleitet zum Kaspischen Meer und wieder für eine Wohlfühlatmosphäre und Tage der Entspannung in Ramsar gesorgt. Das Gebot der Nächstenliebe steht für ihn wohl an erster Stelle!
    Und dann diese Wiedersehensfreude mit Hamed und seinen Eltern!
    Wir sind total beeindruckt, was diese Familie leistet, trotz des harten Alltags glücklich ist und Gutes tut.
    Danke für Euer Video mit den herzerfrischenden Szenen vom Bauernhof!
    Auch wir wünschen der ganzen Familie Gesundheit und Kraft für die tägliche Arbeit, Hamed gute Erfolge bei seinem Projekt mit der neuen Webseite, immer eine positive Zukunftsperspektive und viele neue umsetzbare Ideen.
    Auf dem letzten Foto „together“ sehen wir – trotz Abschiedsstimmung – fröhliche und dankbare Gesichter!

    Jetzt geht’s erstmal mit Ahmad weiter!

    Antworten
    1. Reinhard Junge sagt:
      29. September 2019 um 19:31 Uhr

      Danke für den ausführlichen Kommentar! Hameds Familie ist wohl ein gutes Beisiel für viele Menschen, die wir getroffen haben. Auf Grund fehlender Sozialleistungen müssen sie ihr Leben lang malochen – und das oftbis zum Ende. Wir in Europa profitieren dabei oft von unfairen Handelsbedingungen und den Hungerlöhnen in vielen Ländern. Deshalb dürfen wir uns nicht einfach zurücklehnen und unseren Wohlstand genießen. Schön, dass ihr zu denen gehört, die sich engagieren!

      Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Sommerfeld Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Seite durchsuchen

Neueste Beiträge

  • Ein Ende und ein Anfang 31. Dezember 2021
  • Singen am See – die Leiste tut weh 5. September 2021
  • Burg-Romantik 29. August 2021
  • Vorurteile verlernen 22. August 2021
  • Alte und neue Freundschaften 15. August 2021

Archiv

  • Dezember 2021 (1)
  • September 2021 (1)
  • August 2021 (5)
  • Juli 2021 (2)
  • Juni 2021 (1)
  • April 2021 (1)
  • März 2021 (2)
  • April 2020 (1)
  • März 2020 (1)
  • Dezember 2019 (1)
  • Oktober 2019 (6)
  • September 2019 (7)
  • August 2019 (5)
  • Juli 2019 (7)
  • Juni 2019 (11)
  • Mai 2019 (11)
  • April 2019 (14)
  • März 2019 (9)
  • Februar 2019 (4)
  • Januar 2019 (3)
  • November 2018 (1)
  • Oktober 2018 (3)

Kategorien

  • Allgemein
  • Ausrüstung
  • Couchsurfing
  • Essen
  • Freundschaften
  • Geld
  • Gesundheit
  • Länder
    • Borneo
    • Bulgarien
    • China
    • Indien
    • Iran
    • Jordanien
    • Myanmar
    • Serbien
    • Thailand
    • Türkei
    • Ungarn
  • Live Vorträge
  • Nach der Reise
  • Tiere
  • Vorbereitung
© 2025   Copyright by Christiane Bogenstahl & Reinhard Junge - All rights reserved
Cookie-Zustimmung verwalten
Wir verwenden Cookies, um unsere Website und unseren Service zu optimieren.
Funktional Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt. Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.
Optionen verwalten Dienste verwalten Verwalten von {vendor_count}-Lieferanten Lese mehr über diese Zwecke
Einstellungen anzeigen
{title} {title} {title}